Regulierungsprobleme bei der Bewältigung der COVID-19-Pandemie | Max-Planck-Institut für Sozialrecht und Sozialpolitik - MPISOC
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11.03.2022 / Sozialrecht

Regulierungsprobleme bei der Bewältigung der COVID-19-Pandemie

Die COVID-19-Pandemie hat die bedeutende Rolle gesetzlicher Maßnahmen in einer globalen Gesundheitskrise in den Vordergrund gerückt – sei es auf internationaler, europäischer oder nationaler Ebene. Fünf Doktorandinnen und Doktoranden der sozialrechtlichen Abteilung des Max-Planck-Instituts für Sozialrecht und Sozialpolitik haben im Rahmen des Projekts "The Fragmented Nature of Pandemic Decision-Making" gemeinsam mit Wissenschaftler:innen des Max-Planck-Instituts für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht verschiedene Aspekte von Regulierungsproblemen bei der Bewältigung der Pandemie untersucht. Ihre Ergebnisse sind jetzt in mehreren Beiträgen im European Journal of Health Law erschienen und online frei verfügbar.

Irene Domenici und Franciska Engeser widmen sich in ihrem Aufsatz " The Institutional Tragedy of Pandemic Triage Regulation in Italy and Germany" der Frage, wie die Legitimität von Triage-Entscheidungen nicht-legislativer Organe zu bewerten ist. Bei der Zuteilung der knappen Ressourcen für die Intensivpflege während der aktuellen Pandemie wiesen sowohl Italien als auch Deutschland eine extrem fragmentierte Entscheidungsstruktur auf, die Krankenhäuser, medizinische Verbände und Gremien wie Ethikräte umfasste. Die Autorinnen vertreten die Auffassung, dass in einem solchen Szenario der Gesetzgeber den rechtlichen Rahmen für Triage-Entscheidungen festlegen sollte, um den Schutz der Grundrechte zu gewährleisten und Diskriminierung zu vermeiden.  

Die staatliche Subventionierung deutscher Unternehmen, die in der Entwicklung von Impfstoffen und Medikamenten gegen COVID-19 tätig sind, nimmt Kristine Plank in ihrem Artikel "German State Aid for COVID-19 Medicinal Products: A Risk for Solidarity in the European Union" in den Blick. Sie untersucht insbesondere deren negative Auswirkungen auf die Solidarität in der Europäischen Union (EU), die gerade bei gemeinsamen Gesundheitsbedrohungen notwendig ist. Vor diesem Hintergrund plädiert Plank dafür, der EU mehr Zuständigkeiten im Gesundheitsbereich zu übertragen.

Christian Günther wiederum beleuchtet in "Legal vs Extra-Legal Responses to Public Health Emergencies" die bei Regulierungsentscheidungen vorgenommene Trennung in rechtliche Maßnahmen sowie in außergesetzliche Notfallmaßnahmen. Unter Rückgriff auf die Rechtstheorie von Lon Fuller argumentiert er, dass diese Fragmentierung im Bereich der öffentlichen Gesundheit nicht notwendig und auch nicht wünschenswert ist. Denn in liberalen Gesellschaften trägt die Aufrechterhaltung anerkannter Werte durch die Rechtsordnung zum Erfolg von öffentlichen Gesundheitsmaßnahmen bei. Aus diesem besonderen Grund ist die Trennung zwischen rechtlichem und außergesetzlichem Handeln zu vermeiden.

Mit Regulierungsproblemen in föderalen Systemen befasst sich Lauren Tonti. Anhand von Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie arbeitet sie in ihrem Beitrag "Symphony or Cacophony? Orchestrating Federal Mechanics towards COVID-19 Response in the United States & Germany" heraus, wie in Deutschland und den USA mit der Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern umgegangen wird und welche Faktoren dabei das Erreichen von Zielen der Pandemiebekämpfung erleichtern.

Mit ihren Arbeiten, die verschiedene rechtliche Ansätze zusammenbringen, möchten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler einen Beitrag leisten, damit Pandemien in Zukunft besser bewältigt werden können. Die Initiative entstand im Rahmen des Netzwerks "Max Planck Law".