Finanzwissen und private Altersvorsorge
Private Altersvorsorge wird aufgrund des demographischem Wandels und den damit einhergehenden Belastungen des umlagefinanzierten Rentensystems immer wichtiger. Für viele Menschen in Deutschland ist die Notwendigkeit privater Altersvorsorge aber neu. Die Entscheidung privat vorzusorgen und die Auswahl adäquater Produkte sind wegen großer Unsicherheit über künftige Lebenssituationen, langer Zeithorizonte und der Vielzahl an vorhandenen Produkten nicht leicht. Daher ist das Finanzwissen der Haushalte eine wichtige Einflussgröße, die es bei der Analyse des Vorsorgeverhaltens näher zu untersuchen gilt.
Wie gut wissen die Haushalte in finanziellen Angelegenheiten Bescheid?
Finanzwissen wird in SAVE 2008 auf der Basis von drei grundlegenden Fragen gemessen:
1. Verständnis von Zinseffekten („Numeracy")
„Angenommen Sie haben 100 Euro Guthaben auf Ihrem Sparkonto. Dieses Guthaben wird mit 2% pro Jahr verzinst, und Sie lassen es 5 Jahre auf diesem Konto. Was meinen Sie: Wie viel Guthaben weist Ihr Sparkonto nach 5 Jahren auf - weniger als 102€, genau 102€, mehr als 102€?"
2. Verständnis von Inflation
„Angenommen die Verzinsung ihres Sparkontos beträgt 1% pro Jahr und die Inflationsrate beträgt 2% pro Jahr. Was glauben Sie: Werden Sie nach einem Jahr mit dem Guthaben des Sparkontos genauso viel, mehr oder weniger als heute kaufen können?"
3. Verständnis von Risiko und Diversifikation
„Ist die folgende Aussage richtig oder falsch? Die Anlage in einer einzelnen Aktie bietet in der Regel einen sichereren Gewinn als die Anlage in einem Aktienfonds."
Etwa 85% der Haushalte beantworten die Zins-Frage richtig und mehr als 86% wissen die korrekte Antwort auf die Frage nach der Inflation. Beide Fragen beantworten etwa 82% der Haushalte richtig. 60% der Haushalte verstehen den Zusammenhang zwischen Risiko und Diversifikation. Insgesamt sind etwas mehr als die Hälfte der Befragten (52%) in der Lage, alle drei Fragen richtig zu beantworten.
Wer weiß viel und wer weiß wenig?
Wer ist in der Lage, drei richtige Antworten zu geben? Finanzwissen hängt positiv mit der Höhe des Vermögens, dem Einkommen und dem Bildungsstand zusammen. Auch sind mehr Männer als Frauen in der Lage, alle drei Fragen richtig zu beantworten. Ältere Menschen geben weniger häufig drei richtige Antworten als jüngere. In Ost und West werden die Fragen mit gleicher Wahrscheinlichkeit richtig beantwortet, wenn man Personen mit gleichem Einkommen, Vermögen und Bildung vergleicht.
Wie hängen Finanzwissen und private Altersvorsorge zusammen?
Zwischen dem Finanzwissen und privater Altersvorsorge besteht ein positiver Zusammenhang: Menschen mit einem höheren Finanzwissen sparen mit höherer Wahrscheinlichkeit für ihr Alter. Gleichzeitig gilt im Umkehrschluss aber auch, dass Haushalte, die privat für ihr Alter vorsorgen, sich dabei Finanzwissen aneignen, um ihre Investitionsentscheidung zu verbessern. Ein interessantes Ergebnis zeigt sich bei der Riester-Rente: Im Vergleich zu anderen, nicht staatlich geförderten Vorsorgeverträgen, haben Riester-Sparende ein niedrigeres Finanzwissen. Das bedeutet, dass mit der Riester-Rente zu einem gewissen Grade auch Haushalte mit niedrigerem Finanzwissen erreicht werden. Dennoch ist die Verbreitung der Riesterverträge trotz der hohen Subventionen bei Haushalten im unteren Einkommensbereich noch ausbaufähig. Umgekehrt kann aber auch gelten, dass sich Haushalte beim Abschluss eines Riester-Vertrages weniger Finanzwissen aneignen als beim Abschluss von anderen, nicht geförderten Produkten.
Insgesamt bleibt festzuhalten, dass die Riester-Rente mit ihrer staatlichen Förderung Haushalte in der Mitte der Einkommensverteilung und mit moderatem Finanzwissen erfolgreich dazu animiert hat, für ihr Alter privat zu sparen. Die ärmsten 20% reagieren hingegen immer noch sehr zögerlich auf diese Maßnahme. Für diese Haushalte ist über alternative Schritte nachzudenken, beispielsweise durch gezielte Informationsmaßnahmen über ihre Förderberechtigung und das Ausmaß der Förderung.
mehr Informationen:
Financial Literacy and Private Old-age Provision in Germany
MEA Discussion Paper: 192-09 Tabea Bucher-Koenen
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